Archiv

Die hier angezeigten Beiträge stammen aus der aktiven Zeit der Kanzlei raplaw, die seit 2020 nicht mehr besteht. Das Team ist in neuer Konstellation erreichbar in der Kanzlei Honold & Partner mbB.

Ein aktuelles Urteil aus dem Verkehrsrecht: Fiktive Schadensabrechnung zu Gunsten des Unfallgeschädigten gestärkt

Mit einem aktuellen Urteil (VI ZR 69/12 vom 19.2.2013) hat der BGH die Rechte von Unfallgeschädigten gegenüber Unfallverursachern und Versicherungen gestärkt.

Die Versicherung hatte die nach dem Unfall eingereichte fiktive Reparaturrechnung für das beschädigte Fahrzeug um 10% gekürzt mit der Begründung, bei einer fiktiven Rechnung fielen keine Sozialabgaben und Lohnnebenkosten an.
Der BGH beurteilte die Kürzungen als „systemwidrig“ und argumentierte: „Die im Sinne des § 249 Absatz 2 Satz 1 BGB erforderlichen (Gesamt-) Reparaturkosten eines Kraftfahrzeuges nach einem Verkehrsunfall setzen sich aus vielen einzelnen Kostenfaktoren zusammen und lassen sich schadensrechtlich nicht aufspalten in einen “angefallenen“ und einen “nicht angefallenen“ Teil. Dies wäre in der Rechtspraxis nicht handhabbar und würde dem Geschädigten sowohl die Ersetzungsbefugnis als auch die Dispositionsfreiheit im Rahmen des § 249 Absatz 2 Satz 1 BGB nehmen.“

Fälle wie dieser, bei denen die Versicherung dem Geschädigten zustehende Ersatzleistungen trotz geklärter Schuldfrage ablehnte, zeigen, dass die Versicherung des Unfallgegners nicht die Interessen des Geschädigten im Blick hat, sondern die eigenen Leistungen möglichst gering halten will. Es zeigt auch,  wie wichtig es für einen Unfallgeschädigten ist, einen Anwalt mit der Unfallabwicklung und der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu beauftragen.

Insbesondere, wenn Sie schuldlos durch einen Unfall Schaden erlitten haben, raten wir Ihnen deshalb dringend, von Anfang an einen Anwalt zur Hilfe zu nehmen! Oft wissen Unfallgeschädigte nicht, welche Leistungen der Versicherung ihnen zustehen, z.B. Wertminderung, Nutzungs- und Ausfallentschädigung für das Fahrzeug, Schmerzensgeld etc. Die Versicherung des Unfallverursachers muss außerdem die Kosten der anwaltlichen Beratung und Vertretung übernehmen, wenn den Unfallgeschädigten kein oder wenigstens kein überwiegendes Mitverschulden trifft.

[honoldlink]

Der Arbeitgeber darf ab dem ersten Krankheitstag schon ein ärztliches Attest verlangen!

In einem aktuellen Urteil entschied das Bundesarbeitsgericht, dass ein Arbeitgeber von seinem Arbeitnehmer bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit ein ärztliches Attest verlangen darf (BAG 5 AZR 886/11).

Bisher galt in dieser Frage der Grundsatz, dass eine Krankmeldung erst am vierten Krankheitstag vorgelegt werden müsse. Nach der neuen Rechtslage steht es im freien Ermessen des Arbeitgebers, wann er eine Krankmeldung vom Arbeitnehmer verlangt. Außerdem muss er seine Entscheidung nicht begründen und kann seine Mitarbeiter in dieser Frage unterschiedlich behandeln, sofern die jeweiligen „Fälle“ nicht miteinander vergleichbar sind.
In der Praxis bedeutet dies, dass es durchaus zulässig sein kann, von einem Mitarbeiter sofort am ersten Tag ein Attest zu verlangen, von einem anderen aber erst nach dem dritten Krankheitstag.

Auch wenn eine solche Differenzierung juristisch korrekt wäre, sollte der Arbeitgeber jedoch abwägen, ob dadurch nicht das Arbeitsverhältnis zwischen den Arbeitnehmern belastet würde.

[honoldlink]

Scheidungsrecht: Die Auskunftspflicht bei illoyalen Vermögensverschiebungen

Der Bundesgerichtshof hat in einem aktuellen Urteil (BGH, Beschluss vom 15.08.2012 – XII ZR 80/11) über die Auskunftspflicht bezüglich illoyaler Vermögensverschiebungen in der Zeit vor der Trennung entschieden.
Nach geltendem Recht können Ehepartner zum Zeitpunkt der Trennung Auskunft über das Vermögen des Ehegatten verlangen. Damit soll verhindert werden, dass nach der Trennung unrechtmäßig Vermögensverminderungen getätigt werden und daraus dem Ehepartner finanzielle Nachteile erwachsen.

Im konkreten Fall hatte eine Ehefrau Auskunft über eine Abfindung in Höhe von 1 Million Euro verlangt, die Ihr Mann dreieinhalb Jahre vor der Trennung erhalten hatte. Das Gericht entschied, dass sie konkrete Anhaltspunkte und Beweise anführen müsse, die für eine illoyale Handlung ihres Mannes sprächen. Wenn konkrete Gründe für eine Prüfung vorlägen, würde auch die Zeit vor der Trennung mit berücksichtigt – im entschiedenen Fall jedoch blieb der Antrag auf Revision erfolglos.

[honoldlink]

Sturz auf vereistem Weg – kein Schmerzensgeld, wenn es einen sicheren Umweg gibt!

Das Amtsgericht München wies vor einigen Tagen die Klage einer Mieterin ab, die auf einem vereisten Weg vor ihrem Wohnhaus gestürzt war und sich mehrere schmerzhafte Bänderrisse zugezogen hatte (Az. 212 C 12366/12).

Auf dem Hinweg zur Hausmülltonne benutzte die Klägerin einen eisfreien Weg entlang der Hauswand. Auf dem Rückweg wählte sie eigentlichen Fußweg, quer über den Innenhof, der stark vereist war. Dabei stürzte sie schwer. Die Frau verklagte den Grundstückseigentümer auf Zahlung von Schmerzensgeld: Dieser habe seine Verkehrssicherungspflicht nicht erfüllt und den offiziellen Fußweg nicht gestreut und nicht geräumt.

Das Gericht wies die Klage ab mit der Begründung, die Mieterin hätte auch auf dem Rückweg den gefahrlosen, erkennbar eisfreien Weg wählen können, den sie auf dem Hinweg ja benutzt hatte. Deshalb sei sie für ihren Sturz selbst verantwortlich.

[honoldlink]